Rothenburg, 1895: Die Flensburger Künstlerin Elise Mahler lässt sich in Rothenburg nieder mit dem festen Vorsatz, hier mit ihrer Malkunst den Lebensunterhalt zu verdienen. Zusammen mit der Wienerin Maria Ressel (1877-1945) gründet sie im Spitalbereiterhaus eine Malschule für Frauen, die bald regen Zuspruch findet. Von den männlichen Kollegen belächelt oder als „Malweiber“ und „Terpentintanten“ verunglimpft, setzen sich die beiden Damen dennoch energisch durch und verlassen die Stadt erst nach zwanzig Jahren, als der Erste Weltkrieg die Käuferschichten wegbrechen lässt.
Diese Ära, in der die Beachtung des Weiblichen als gesellschaftlicher und politischer Faktor in Deutschland immer mehr zunahm, soll in einer Ausstellung, die Elise Mahler zu ihrem 100. Todesjahr gewidmet ist, untersucht werden. Dabei wird deutlich, dass die Kunst der Frauen keineswegs schlechter war als die ihrer männlichen Kollegen. Oftmals war sie sogar innovativer, kreativer und ungewöhnlicher als die häufig standardisierten Ansichten der Rothenburg-Maler. Daneben ist auffällig, dass Mahler und Ressel auf ihren ausgedehnten Studienreisen nach Italien und Ägypten weit über den Tellerrand der Konvention hinausblickten und dabei Kompositionen voller anschaulicher Kraft schufen.